Wunder gibt es immer wieder: Kätzin Sockes Weg in ein neues Leben - eine Geschichte in drei Akten

Part 1: Cat Institute. Perserkätzin Socke ist seit Jahren unsauber

Vor über drei Jahren sind wir Perserkätzin Socke (damals trug sie noch den Namen Lilly) das erste Mal begegnet. Selten war die Bezeichnung „ein kleines Häufchen Elend“ so passend, wie bei diesem liebenswerten, aber sichtbar mitgenommenen Katzenwesen. Als Sockes damalige Halterin auf uns zukam, war ihre Verzweiflung groß, denn Socke war zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren mehrmals täglich unsauber und die Katzentoilette wurde gar nicht mehr genutzt. Als sich die Unsauberkeitsfrequenz auf bis zu zehn Zwischenfälle am Tag steigerte, beschloss ihre damalige Halterin professionelle katzentherapeutische Hilfe beim Cat Institute in Anspruch zu nehmen.

Es gibt kein „Protestpinkeln“ bei Katzen

Auch wenn wir viel Verständnis dafür haben, dass es für Menschen sehr belastend sein kann, wenn ihre Katze unsauber ist und dass niemand sich wünscht, in einer nach Katzenurin riechenden Wohnung zu leben, ist es wichtig zu verstehen, dass Katzen nicht aus Protest pinkeln, wie so oft fälschlicherweise angenommen wird. Katzen, die unsauber sind, machen auf ihre Not aufmerksam und brauchen Liebe, Verständnis und Hilfe. In Sockes Fall aber waren alle positiven Gefühle überlagert von Enttäuschung und auch Wut. Nicht selten begegnen uns in unseren Beratungen Halterinnen und Halter, deren Nervenkostüm stark strapaziert ist, aber bei fast allen unseren Kundinnen und Kunden gibt es den Wunsch ihrer Katze zu helfen und zu verstehen, warum sie dieses Verhalten zeigt. 

Tiermedizinische Hilfeleistung wird abgelehnt

Nach einer ausführlichen Verhaltensberatung und in dem darauffolgenden Austausch setzte sich für uns nach und nach ein immer erschreckenderes Bild der Gesamtsituation zusammen. Widersprüche häuften sich, konkrete und wichtige therapeutische Schritte wie z.B. unbedingt einen Tierarzt zur Klärung einer möglicherweise vorliegenden gesundheitlichen Ursache aufzusuchen, wurden nicht umgesetzt. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass Socke darüber hinaus seit einigen Jahres bereits nicht mehr einem Tierarzt vorgestellt worden war, weil die Halterin schulmedizinisch ausgebildeten Tiermedizinern auf ganzer Linie misstraute. Aber auch ganzheitlich arbeitende Veterinäre, die neben einem Tiermedizinstudium noch naturheilkundliche Ausbildungen absolviert haben, wurden leider nicht konsultiert.

Nach einer weiteren sehr besorgniserregenden Nachricht war klar, dass sich Sockes Unsauberkeitsproblem aufgrund der mangelnden Umsetzung der Therapiemaßnahmen nicht in ihrem damaligen Haushalt lösen lassen würde. Es hieß - nach Absprache mit der Halterin - schnell ein neues Zuhause zu finden, damit die kleine Kätzin sich nicht irgendwann auf der Straße oder im Tierheim wiederfände oder gar eingeschläfert würde. Vermittlungen gehören normalerweise nicht zu unserem Leistungsspektrum. Wir arbeiten in solchen Fällen mit Tier- und Katzenschutzorganisationen zusammen, die viel Erfahrung mit der Vermittlung von Katzen haben.

Die Maine Coon Hilfe kommt ins Spiel

Gabriele Brückner aus unserem Cat Team, die zudem für den Landestierschutzverband Brandenburg arbeitet, gab uns damals den entscheidenden Tipp und verwies auf die Arbeit der Maine Coon Hilfe (MCH). Die gemeinnützige Katzenschutzorganisation hat sich auf die Betreuung und Vermittlung von Maine Coon Notfällen spezialisiert. Sabine Kauffeld-Veigel, die eine Pflegestelle der MCH leitet, erkannte die Dringlichkeit sofort. Umgehend leitete sie alles in die Wege: Sie nahm Socke in ihrer Pflegestelle auf und die Katze erhielt die ihr so lange vorenthaltene tiermedizinische Versorgung.

Socke leidet unter Struvitharnsteinen

Wie schon von uns vermutet, war die massive Unsauberkeit der Kätzin eine Folge gesundheitlicher Probleme. Socke war an Struvit-Harnsteinen erkrankt. Vermutlich eine Folge einer jahrelangen vegetarischen Fehlernährung. Katzen sind reine Carnivore, sprich Fleischfresser, und brauchen für ihr gesundheitliches und psychisches Wohlbefinden tierische Proteine und Fett. Struvitsteine sind die häufigsten Harnsteine bei Katzen und wir treffen in unserer täglichen Beratungspraxis auf immer mehr Katzen, die unter Struvitkristallen oder - steinen im Blasen- und Harntrakt leiden. Struvitsteine können sich vor allem dann bilden, wenn der feline Urin einen „zu hohen, sprich basischen, pH-Wert aufweist. Die Gründe für einen zu hohen Wert sind neben Blasenentzündungen eine nicht artegerechte Fütterung. 

Harnsteine können Unsauberkeit bei Katzen auslösen

Harnsteine wie Struvit bei Katzen verursachen oft Unsauberkeitsthemen und sind für die betroffenen Katzen mit teilweise starken Schmerzen beim Urinieren verbunden. In Sockes Fall müssen wir davon ausgehen, dass sie wahrscheinlich über viele Jahre hinweg unter Schmerzen gelitten hat. Nicht auszumalen, wie viel Leid ihr durch einen Tierarztbesuch erspart hätte werden können.

Die Abgabe an die Maine Coon Hilfe geschah natürlich in enger Zusammenarbeit mit der bisherigen Halterin, die sichtlich erleichtert schien, nicht länger die Verantwortung für die unsaubere Kätzin zu tragen, obwohl sie zugleich den Verlust bedauerte. Ambivalente Gefühle bei Katzenhaltern, deren Tiere Verhaltensprobleme zeige, sind aus humanpsychologischer Perspektive bis zu einem gewissen Grad normal. Wir sind halt alle nur Menschen. Wichtig ist es aber zu erkennen, dass es für die Lösung kätzischer Verhaltensprobleme unerlässlich ist, zuerst die Ursache(n) zu ergründen. Im nächsten Schritt erfolgt die Umsetzung eines systematisch aufgebauten Therapieplans. Damit eine Verhaltenstherapie bei Katzen anschlagen kann, sind wir auf die aktive Mitarbeit der betreffenden Halter angewiesen. Sockes Problem hätte mit Hilfe eines Tierarztes, verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und einer Futterumstellung auch in ihrem alten Haushalt gelöst werden können.

Hier erfahrt ihr im Part 2 von Sockes Geschichte und einem Interview mit Sabine Kauffeld-Veigel von der Maine Coon Hilfe, wie es für Socke weiterging. Ohne den engagierten Einsatz der Maine Coon Hilfe nach ihrer Abgabe und vor allem Sabines Einsatz hätte Socke heute nicht das schöne Leben, das sie nun mit Katzenfreunden führen darf.  

Struvitgrieß und Struvitsteine bei Katzen

Bei Verdacht auf Harn- oder Blasensteine muss die Katze umgehend einem Tierarzt vorgestellt werden. Harngrieß und Harnsteine können u.a. mit Hilfe von Ultraschalluntersuchungen und/oder Röntgenaufnahmen des Harn- und Blasentrakts sowie Urinanalysen nachgewiesen werden.

Mögliche Symptome

Verhaltensebene: Unsauberkeit

  • Katze sucht aufgrund von Schmerzen beim Harnabsatz immer neue Stellen zum Urinieren
  • Übermäßiges Belecken und Putzen der unteren Bauch- und der Geschlechtsregion bis hin zu kahlen Stellen (Feline Selbstinduzierte Alopezie)

Körperliche Ebene:

  • Katze setzt häufig Urin in kleinen Mengen ab (manchmal nur wenige Tropfen)
  • Katze presst verstärkt beim Harnlassen
  • Schmerzen beim Wasserlassen: Einige Katzen, aber nicht alle, vokalisieren beim Harnlassen. Halter vernehmen klägliches Miauen, aber auch zuweilen Schreien beim Urinieren. Aber Achtung: viele Katzen zeigen trotz massiver Schmerzen diese nicht.
  • Inkontinenz: Katze kann ihren Urin nicht zurückhalten und lassen diesen scheinbar einfach so laufen. De facto schafft sie es aufgrund des Harndrangs nicht rechtzeitig zum Katzenklo
  • Hämaturie: Zuweilen befindet sich Blut im Urin