Und sie tun es doch: Katzen binden sich enger an Menschen als gemeinhin angenommen

Katzen sind weltweit die beliebesten Haustiere und doch gab es in der Vergangenheit weitaus weniger wissenschaftliche Studien zu Katzen als beispielsweise zu Hunden. Als Folge wurden unter anderem die kognitiven Fähigkeiten von Katzen sowohl in der Öffentlichkeit als auch unter Biologen unterschätzt. Die wenigen Studien zu Katzen bezogen sich häufig auf ernährungsphysiologische Bedürfnisse und weniger auf die sozio-kognitiven Fähigkeiten von Katzen.

Die US-amerikanischen Biologen Vitale, Behnke und Udell der Oregon University untersuchten jüngst die kognitiven Fähigkeiten von Katzen in Hinblick auf ihre Fähigkeit enge, sichere Bindungen zu Menschen aufzubauen. Ihrer Ansicht nach könnte diese Fähigkeit eine Art Gerüst darstellen, auf dem menschenähnliche sozio-kognitive Fähigkeiten sich entwickelt haben könnten, die letztendlich dazu beigetragen haben, dass Katzen so erfolgreich in Menschenumgebungen sein können. Ihre Studienergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „Current Biology“.

Katze auf Stuhl
 
© B. Dexel

Die Biologen nutzen Verhaltensexperimente, die in Bindungsstudien mit Kindern angewandt werden, um die Katzenergebnisse in Bezug auf ihre sozio-kognitiven Fähigkeiten einzuordnen.

Vitale und ihre Kollegen hatten dazu das Bindungsverhalten von 79 jungen Katzen mit deren Haltern unter die Lupe genommen mit dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Katzen eine sichere Bindung an ihre Menschen zeigten. Eine vergleichende Untersuchung mit adulten Katzen kam zu demselben Ergebnis.

Experimenteller Aufbau der Bindungsstudie

  1. Im ersten Schritt wurden Halter und Katze gemeinsam in einem für beide beteiligten neuen Raum für zwei Minuten untergebracht.
  2. Im zweiten Schritt blieb die Katze zwei Minuten alleine im Zimmer, während ihr Halter rausgeschickt wurde.
  3. Im dritten Schritt kam der Halter zurück und Katze und Mensch interagierten für weitere zwei Minuten im Raum.

Die Forscher werteten aus, wie sich die jungen Katzen bei der Rückkehr ihrer Besitzer verhielten. Im selben experimentellen Aufbau mit Kindern setzen sicher gebundene Kinder ein entspannten Explorationsverhalten der neuen Umgebung nach Rückkehr ihrer Bezugsperson fort; unsicher gebundene hingegen klammern sich entweder an ihre Bezugsperson oder meiden diese.

Nutze die Katze in Vitales Untersuchungsaufbau ihren Menschen als sicheren Hafen (Sicherheit und Wohlbefinden) im Raum, kam offen und freudig auf ihn zu und zeigte neugieriges Explorationsverhalten in Anwesenheit des Halters wurde das Verhalten als Kriterium für eine sichere Bindung zwischen beiden bewertet. Dies traf auf 65% der beteiligten Katzen zu. Zu einem  ähnlichen Wert kamen vergleichbare Studien mit Primaten, Hunden und Kindern. Die Katzen mit unsicheren Bindungsverhalten wurden in zwei Gruppen unterteilt: solche mit ambivalent-unsicherem Bindungsverhalten (Wechsel zwischen Nähe und Distanz) und solche mit unsicher-vermeidenem Bindungsverhalten (Kontakt mit Halter wurde vermieden). Die Studien zeigen laut Vitale, dass Katzen  die Fähigkeit zur sozialen Flexibilität haben, was erklärt, warum sie in so vielen unterschiedlichen Settings erfolgreich leben können.

Quelle: Vitale, K. R., Behnke, A. C., & Udell, M. A. R. (2019). Attachment bonds between domestic cats and humans. Current Biology, 29(18), R864–R865.  DOI:  https://doi.org/10.1016/j.cub.2019.08.036

Birga im RTL Hauptstadtstudio
Birga im RTL Hauptstadtstudio
© Birga Dexel

RTL Interview mit Birga Dexel

Was wurde vor kurzem Neues über Katzen von Wissenschaftlern herausgefunden ?

Was sagen Sie zu den neuen Ergebnissen der Verhaltensforschung bezüglich der Kognitiven Fähigkeiten von Katzen?

Birga Dexel: Ich freue mich, dass die Erfahrungen, die aufmerksame Katzenhalter schon lange machen endlich nicht mehr als unwissenschaftliche Zuschreibungen, die emotionale Tierhalter in ihre Tiere reindeuten, bewertet werden, sondern belastbare Fakten zu den sozio-kognitiven Fähigkeiten von Katzen vorliegen. Bis dato wurde ja gemeinhin angenommen, dass Katzen sich nicht so eng an ihre Menschen binden, dass der Mensch in ihren Augen eher als Dosenöffner fungierte denn als Sozialpartner. Die Untersuchungen der Universität Oregon zeigen jedoch, dass Katzen weder Primaten, noch Hunden oder gar Kindern im Bindungsverhalten nachstehen.

Überraschen Sie diese Ergebnisse?

Mich überraschen die Ergebnisse nicht im geringsten, da ich seit meiner frühstens Kindheit mit Katzen umgeben bin und die tiefe Bindungserlebnisse mit ihnen erfahren durfte. Durch meine Arbeit und das Training mit Katzen, dass ich seit mehr als einer Dekade intensiv betreibe werde ich täglich von der Intelligenz von Katzen überrascht

und die Geschichten, die ich mit Kunden und den Fernsehfällen erlebe.

Wer hat die bessere soziale Kognition – Hund oder Katze?

Ich halte es für völlig irreführend die beiden sehr verschiedenen Arten ständig miteinander zu vergleichen oder gar Katzen-gegen Hundehalter ausspeilen zu wollen. Beide Arten sind mit erstaunlichen Fähigkeiten ausgestattet und binden sich ganz eng an ihre Menschen. Die neuen Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Katzen ähnliche Werte im Bindungsverhalten zeigen wie Hunde.

Warum beschäftigen sich aktuell immer mehr Forscher mit dem Verhalten von Katzen?

Katzen werden für Menschen immer wichtiger; durch die neue Art der Katzenhaltung und auch der Interaktion mit Katzen u.a. durch das Clickertraining wird immer mehr Menschen klar, wieviel Potential in Katzen steckt. Das ist auch Wissenschaftlern nicht verborgen geblieben.

Welche besonderen Fähigkeiten bringen die Samtpfoten in der Interaktion mit Menschen mit?

Katzen können enge Bindungen zu Menschen eingehen, sie sind in der Lage sehr intuitiv die Stimmungen des Menschen zu deuten und flexibel darauf zu reagieren. So spüren viele Samtpfoten, wenn es ihren Menschen nicht gutgeht und legen sich beispielsweise schnurrend neben oder auf sie. Sie spüren, wenn Streit und Zwist im Haushalt vorherrschen und reagieren mit Rückzug, Aggressivität oder anderen Verhaltensmustern. Viele Katzen haben ihren normalen Dämmerungsaktiven Rhythmus dem menschlichen Tagesrhythmus angepasst. Katzen haben große Lust daran zu lernen.

Wie kann ich diese Fähigkeiten fördern/trainieren/ausbauen?

Die beste Möglichkeit mit Katzen zu trainieren und sie zu fördern ist das Clickertrainin. Wir arbeiten im Cat Institute seit mehr als Dekade damit und haben Clickertrainingsübungen speziell für Katzen entwickelt.

Gibt es da sensible Phasen bzw. wann ist eine Katze zu alt zum Lernen?

Auch bei Katzen gilt je jünger sie sind, desto schneller wird gelernt, aber das bedeutet nicht, dass was Hänschen nicht lernt, Hans nicht mehr lernen kann. Katzen können in jedem Alter lernen. Einer meiner Kater ist mittlerweile 18 Jahre alt und er hat immer noch gr0ße Frede daran beim Clickertraining neue Aufgaben zu erlernen. Da er genauer beobachtet als unser jüngster Neuzugang mit 8 Monaten funktioniert das Lernen mitunter sogar schneller. Wir arbeiten im Cat Institute seit zwei Jahren insbesondere mit Kitten und arbeiten mit ihnen ganz intensiv. Die Ergebnisse werden im kommenden Frühjahr bei Vox zu sehen sein.

 

Katzen in Wanne
 
© B. Dexel